
An meinem letzten Tag im Spreewald machte ich noch eine Radtour. Ich suchte über die App Komoot dieses Mal das Dorf Dissen aus. Die Tour hieß Storchentour. Dann kann ich hoffentlich einen oder zwei Störche fotografieren, dachte ich. Also los.
Es war früher Nachmittag. Ich cremte mich mit Sonnencreme ein und übersprühte diese Schicht mit Mückenspray. Ich hatte mein Handy voll geladen und das Ladekabel mit. Heute würde ich keine Panik bekommen, ich würde einfach die Fahrt genießen.
Los ging es. Als die App meinen Standort gefunden hatte, folgte ich der weiblichen Schlafstimme der Komoot-App. Der Einstieg der Tour ging wieder am so genannten Hauptkanal entlang. Aber anstelle des Abzweigens in die einsame Wald- und Heidelandschaft meiner ersten Tour führte diese jetzt immer weiter am Kanal entlang. Die Landschaft war im Bezug auf Einsamkeit noch eine Steigerung. Nach vielen Kilometern, also knapp 15 - die Tour selbst sollte 29 km lang sein - bog ich vom Kanal ab und fuhr in Richtung dieses für seinen Storchenreichtum gepriesenen Dorfes.
Ich kam dann dort an. Das Foto hier zeigt die Kirche mit einem Fachwerkschiff. Daneben fand ich ein Heimatmuseum. Das hätte mich interessiert, war aber bereits geschlossen. Zufällig kam aber noch ein Mensch raus, welcher der Zuständige für das Museum zu sein schien. Ob ich wenigstens zur Toilette dürfte, fragte ich. Ich durfte. Ansonsten war hier nichts, was man jetzt so gebrauchen könnte. Kein Kaffee, kein Eis, keine Menschen. Und außerdem auch keine Störche.
Die Tour führte ab jetzt leider an der großen Straße entlang, zurück nach Burg. Allerdings befand sich ein großzügiger, meist abgetrennter Radweg daneben. Ich hatte noch ungefähr 10 km vor mir, aber das Treten fiel mir immer schwerer. Und dann sah ich, dass mein Hinterreifen sehr wenig Luft hatte. Eine Luftpumpe hatte ich nicht dabei. Zu Hause im Keller habe ich eine große mit zwei Standfüßen, die man mit dem Fuß bedient und die sehr effektiv ist. Die ist aber so voluminös, dass ich entschieden hatte, diese nicht mitzunehmen. Einige wenige Radfahrer kamen mir entgegen, die ich fragte, ob sie eine Luftpumpe dabei hätten. Hatten sie nicht.
Und dann war da auf einmal doch noch so eine Ortschaft mit Menschen. Zumindest las ich "Eis". Man muss wissen, dass es ziemlich warm war, und deshalb war das ein Lichtblick. Ich kam in einen Hof, in dem eine Gruppe mittelalter und junger Männer saß, die hatten gerade Fußball gespielt und tranken. Ich konnte mir in der Bude ein Eis kaufen, sogar ein sehr leckeres italienischer Art. Luftpumpen waren auch hier nicht vorhanden.
Ich kam dann noch durch eine Straße mit Häusern an einer Seite. Vor einem Haus schaute ein Mann über einen Gartenzaun, ein mittelalter schlanker Typ. Der aber, würde ich vorsichtig behaupten, nicht der Frauenschwarm war. Aber Geschmäcker sind ja verschieden und außerdem schien dieses Dorf frauenlos zu sein. Jedenfalls war der Mann sehr freundlich, und auf meine Frage nach einer Luftpumpe suchte er hektisch in seinem vor dem Zaun parkenden Auto und dann im Haus nach einer Luftpumpe. Er hatte eine gefunden! So eine kleine, mit ich nie Luft in meine Reifen bekomme. Aber er wäre sicher geschickter als ich, dachte ich. Nachdem er schon eine erhebliche Pumpleistung hinter sich gebracht hatte und der Schweiß ihm aus allen Poren schoss, ihm erbarmungswürdig über das Gesicht lief, meinte er, dass das wahrscheinlich doch ein Plattfuß sei mit meinem Reifen. Nach so viel Pumperei müsste doch sonst was im Reifen bleiben. Er erzählte mir was von einem heimlichen Platten. Das dachte ich auch, bedankte mich sehr herzlich und fuhr auf dem halb platten Reifen weiter und kam auch irgendwie am Campingplatz an, ohne dass der Reifen ganz platt wurde.
Kleine Anmerkung, nachdem ich schon zu Hause bin: Der "heimliche Plattfuß" war keiner. Ich brauchte mit meiner großen Luftpumpe eine Minute, bis der Reifen wieder voll war. Und blieb. Was habe ich dem armen Kerl nur angetan.
Unten: Bahnhöfe ohne Gleise und Landschaften, die hinten und vorne gleich sind. Das sah ich noch auf meiner letzten Fahrradtour.